Der Leichtigkeit nachspüren und sie wiederfinden
Na, auch schon nach dem dritten Kaffee am Vormittag gegriffen? Und trotzdem noch „matschig in der Birne“ und lustlos, obwohl sich der Schreibtisch biegt oder der Haushalt nach Aufmerksamkeit schreit? Gerade jetzt kämpfen viele von uns mit Frühjahrsmüdigkeit. Die aufblühende Natur kann uns inspirieren und Kraft schöpfen lassen. Aber das klappt nicht bei jedem Menschen: Sind wir tiefergehend erschöpft, lässt sich die ersehnte Leichtigkeit nicht einfach herbeizaubern. Ein erster, häufig hilfreicher Schritt ist es, die eigene Erschöpfung anzuerkennen, sich mehr Selbstmitgefühl und Pausen zu schenken. Hält das Energie- und Kräftetief länger an, ist der Besuch der Hausarztpraxis zu empfehlen. Nur so können körperliche Ursachen ausgeschlossen oder adäquat behandelt werden.
Das Gefühl von Leichtigkeit stärkt unsere mentale Gesundheit. Geht uns die Leichtigkeit verloren und alles fühlt sich nur noch schwer an, weil wir dauererschöpft sind, müssen wir uns dringend um unsere mentale Gesundheit kümmern, damit sie nicht auf der Strecke bleibt. Neben der Erholung durch sozialen Rückzug und Pausen kann man selbst aktiv werden, um der Leichtigkeit wieder auf die Spur zu kommen:
Das Konzept der Aufwärtsspirale nutzen
Selbstversuch für mehr Leichtigkeit:
Tanzkurs
Chor-Singen
Leistungsdenken in Frage stellen
Das Konzept der Aufwärtsspirale nutzen
Im Kontext von Depressionen wird von der Abwärts- und der Aufwärtsspirale gesprochen. Antriebslosigkeit und gedrückte Stimmung verstärken sich gegenseitig. Sozialer Rückzug und fehlende externe Impulse verstärken die Verstimmung immer weiter, es kann zu Depressionen kommen. Betroffene, die sich dem nicht aktiv entgegenstemmen, werden immer passiver und isolierter. Sie rutschen in eine Abwärtsspirale.
Bei längerer Erschöpfung können wir außer Pausen und sozialem Rückzug auch bewusst die Aufwärtsspirale einsetzen und mit ihrer Hilfe sukzessive zu einer neuen Balance finden. Denn wie wir uns verhalten und was wir denken und fühlen, ist eng miteinander verknüpft: Spaziergänge an der frischen Luft, Verabredungen, gute Gespräche und Me-Time können sich positiv auf unsere Stimmung und unser Wohlbefinden auswirken.
Selbstversuch für mehr Leichtigkeit
Im Rahmen meines Schreibens über mentale Gesundheit picke ich mir immer gern genau die Themen heraus, die gerade bei mir aktuell sind. Und sehr gern unternehme ich dann Selbstversuche, um meine Situation zu verbessern und lasse meine Leser*innen an meinen Erfahrungen und neuen Erkenntnissen teilhaben.
Mich schreibend, aber auch in Form von Selbstversuchen mit dem Thema „Leichtigkeit“ zu beschäftigen, resultierte aus meinem Jahresmotto und -wunsch für 2024: einer tiefen Sehnsucht nach mehr Leichtigkeit in meinem Leben. Geboren wurde dieser Wunsch aus den Erfahrungen des letzten Jahres rund um meine Buchveröffentlichung „ Wenn Licht die Finsternis besiegt. Mit bipolarer Erkranklung Leben, Familie und Partnerschaft positiv gestalten“. Ich erlebte so viel Neues, Spannendes, war gefordert, oft aufgeregt. Ging mit meiner psychischen Erkrankung, die ich doch 20 Jahre lang aus Angst vor Stigmatisierung geheim gehalten hatte, an die breite Öffentlichkeit. Um andere Betroffene und deren Umfeld zu informieren und zu ermutigen. Und um in unserer Gesellschaft Vorbehalte und damit Stigma gegenüber psychisch erkrankten Menschen abzubauen.
Eine Mammutaufgabe, gerade, wenn man wie ich aus gesundheitlichen Gründen verrentet ist, schwerbehindert, dazu noch Pflegegrad 2. Und was geschah? *Pfffft*. Im Oktober ging mir die Luft aus. Ich war sowas von platt und erschöpft, kam kaum noch aus dem Bett, konnte nur das Nötigste regeln. Und das blieb so, auch als das Jahr zu Ende war. In diesem Szenario setzte ich mich mit meinem Wunsch und der Frage nach dem Motto für das neue Jahr auseinander (das mache ich schon eine Weile. 2023 war mein Jahresmotto „mentales Wachstum“.). Und mein Motto für 2024, kaum hatte ich es gefunden, beschrieb zugleich meine größte Sehnsucht. Endlich wieder mehr Leichtigkeit!
Das die Leichtigkeit nicht von allein um die Ecke biegen würde, war mir klar. Was also konnte ich dafür tun, um ihr auf die Spur zu kommen? Sie wieder in mein Leben einzuladen? Ganz klar, ich dachte an Dinge, die mir in der Vergangenheit Spaß gemacht hatten, und beschloss, sie neu zu beleben. Deswegen steht seit Januar Discofox-Tanzkurs mit meinem Mann auf dem Programm und seit März singe ich in einem Early-Bird-Chor. Und ich übe mich darin, mein Leistungsdenken immer mal wieder loszulassen.
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Die ganze spannende, fröhlich-leichtfüßige Geschichte samt zweier Haiku-Gedichte und musikalischer Kühe findet ihr in der aktuellen Kolumne von Nora Hille beim Online-Magazin femalExperts:
Mentale Gesundheit: Der Leichtigkeit auf der Spur oder Tanzen, Singen, Loslassen
Viel Spaß beim Lesen!
Über die Autorin
Nora Hille, Jahrgang 1975, verheiratet, zwei Kinder. Studium Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaften. 12 Jahre Arbeit im Bereich Kommunikation/PR. Aus gesundheitlichen Gründen verrentet. Schreibt als Betroffene und Erfahrungsexpertin zu den Themen mentale Gesundheit, psychische Erkrankungen und engagiert sich für die Anti-Stigma-Arbeit, also gegen die Stigmatisierung (Ausgrenzung) psychisch Kranker in unserer Gesellschaft für mehr Miteinander, Toleranz und Gleichberechtigung, unter anderem bei Mutmachleute e.V.. Veröffentlicht seit 2022 beim Online-Magazin femalExperts.com - Das Online-Magazin für Businessfrauen mit Ambitionen - als Kolumnistin monatlich zu Mental Health-Themen und ist Redakteurin der experimenta – dem Magazin für Literatur, Kunst und Gesellschaft. Außerdem verfasst sie literarische Essays, Gedichte und Kurzprosa.
Im Herbst 2023 erscheint ihr Buch „Wenn Licht die Finsternis besiegt” bei Palomaa Publishing. Ein Mutmachbuch darüber, wie man trotz bipolarer Erkrankung – und der enormen Herausforderung, die diese tagtäglich für die innere Balance Betroffener bedeutet – ein gutes und reiches Leben gestalten kann. Auf Instagram zu finden unter: @norahille_autorin