Hilfe für Helikopter-Eltern: Mit diesen 7 Tipps kannst du dein Kind unterstützen
Dieser Artikel ist im Oktober 2021 zu erst auf familie.de erschienen 👉🏻 nämlich hier!
Helikopter-Eltern haben einen sehr schlechten Ruf. Wir alle haben sofort ein negatives Bild im Kopf und wollen so auf jeden Fall nicht sein. Dabei meinen Helikopter-Eltern es nur (zu) gut mit ihren Kindern. Wie ihr lernt, loszulassen und trotzdem Nähe zu euren Kindern zu leben, erklärt Coach Astrid Meinberg.
Helikopter-Eltern Nähe schaffen und loslassen
Astrid Meinberg, selbst Mutter von drei Kinder, war 20 Jahre lang Managerin im Vertriebscontrolling und hat es, laut eigener Aussage, geschafft, die Familienphase ohne größere Schäden zu überstehen und trotz aller Herausforderungen entspannt zu bleiben. Nach Passau, Singapur, Köln lebt sie seit über 10 Jahren mit ihrer Familie in Hamburg und unterstützt jetzt andere berufstätige Frauen in online Coachings auf ihrem Weg zum Mutter sein. Für uns schreibt Astrid über Helikopter-Eltern und wieso Loslassen Nähe schaffen kann:
Schneepflugeltern, Rasenmähereltern, Glucken-Mütter, Helikopter-Eltern… es gibt mittlerweile viele Namen für diese Phänomen. Was haben sie alle gemeinsam? Wir sind alle Eltern, lieben unsere Kinder und wollen nur das Beste für sie.
Eltern wünschen ihren Kinder nur das Beste
Was das Beste ist, das ist sehr individuell. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten: Das Beste sollte sich möglichst auf das ganze Leben erstrecken, nicht nur auf den Moment. Wir alle wollen, dass unsere Kinder glücklich werden und erfolgreich, dass sie selbständig sind und gut durchs Leben kommen, dass sie Erfüllung finden bei dem was sie tun, ihre Talente entwickeln und ihre Potenziale nutzen… Bis ans Ende ihrer Tage. Dass sie eben auf ihre ganz individuelle Weise ein gutes Leben führen können. Und Helikopter-Eltern wollen dies meist ganz besonders doll!
Helikopter-Eltern nehmen Individualität der Kinder nicht wahr
Und gleichzeitig bringt es diese Helikopter-Strategie mit sich, dass man die Individualität der Kinder ein wenig aus dem Blick verliert: Man fährt (mit dem gedachten Rasenmäher) vorneweg, fokussiert auf die Umgebung statt aufs Kind, man kann durch die gedachte Flughöhe gar nicht mehr erkennen, was die Kinder eigentlich gerade brauchen. Daher ist es aus diesen Positionen oft trotz aller Bemühungen nicht so leicht wie erhofft, den Kindern die Unterstützung zu geben, die sie ganz individuell und spezifisch am dringendsten brauchen.
Helikopter-Eltern erkennen nicht, wenn das Kind gerade mehr Luft zum Atmen mehr braucht als Wärme und Nähe. Sie haben zwar vielleicht selbst gute Sicht, kennen aber die Blickrichtung des Kindes gar nicht. So räumen sie dann vielleicht den falschen Weg zum falschen Ziel frei. So kann es passieren, dass Eltern sich verrennen, und, dass das Kind an seinem Standort im Grunde hilflos zurückbleibt.
Helikopter-Eltern müssen ihre Kinder sehen
Wenn wir wirklich wollen, dass unsere Kinder sich ein erfülltes und erfolgreiches Leben aufbauen können, dann brauchen wir aber neben dem „Aufpassen auf unsere Kinder“ auch eine ergänzende Strategie, die uns erlaubt, das Kind mit seinen Eigenarten zu erkennen und es mit all seinen Stärken und Talenten anzunehmen. Eine Strategie, die dem Kind ermöglicht, eigene Träume zu träumen und sich eigene Ziele zu setzen, so dass es optimistisch seinen Weg gehen kann und trotz Rückschlägen am Ball bleibt.
3 Schritte für Helikopter-Eltern zur Entspannung
Wie also können sogenannte Helikopter-Eltern ihre „Flughöhe verringern“, mit mehr Nähe erkennen, was ihr Kind gerade braucht und dann je nach Situation wählen, was wirklich gerade das Beste für das Kind ist?
Dazu braucht es drei Schritte, die im Grunde für alle Eltern hilfreich sein können:
Schritt 1: Stell Dich neben Dein Kind anstatt davor oder darüber, so dass Du noch mehr Nähe herstellen kannst. Helikopter schweben über den Dingen und sind daher nie wirklich in Kontakt mit dem, was sie mit viel Weitblick beobachten. Wenn du zwischendurch herunterkommst und dich neben dein Kind stellst, kannst du zusätzlich zum Überblick über die Umgebung, auch einen Einblick in Die Lebenswelt deines Kind bekommen. So kannst du noch besser erkennen, was dein Kind in einer spezifischen Situation braucht.
Oft haben Kinder nicht die gleiche Perspektive wie du. Daher ist es gut, dass du deine Sicht mit einbringst. Und gleichzeitig haben Kinder ihre eigene Wahrnehmung von dieser Situation. Um deine Einsichten dem Kind nahezubringen, ist es hilfreich, wenn du seine Wahrnehmung genau kennst, und deine Sicht dann wie Puzzle-Teile dort einflechten kannst.
Vielleicht kennst du es, wenn du in Ratgeber-Büchern liest und immer das Gefühl hast, dass das alles für dich und dein Kind nicht funktioniert? Das ist normal. Du findest in keinem Buch oder Anleitung, genau das, was speziell für dein Kind gerade am wichtigsten ist. Das kannst nur du in deinem Kind lesen. Dabei hilft es dir, deinem KInd nah zu sein und seine Perspektive einzunehmen.
Wann braucht das Kind Schutz und Hilfe?
Schritt 2: Durch die Nähe kannst Du unterscheiden, wo Dein Kind Schutz braucht und wo Hilfe. Man kann die Aufgaben von Eltern nach Haim Ohmer in „Beschützen“ und „Unterstützen“ unterteilen. Es ist natürlich wichtig, dass du dein Kind „beschützt“ und dich VOR dein Kind stellst, wenn es sich in einer so riskanten Situation befindet, dass es sie einerseits nicht selbst bewältigen kann und andererseits ernsthaften Schaden davon tragen könnte.
Da ist „Schneeschieben“ oder „Rasenmähen“ unter Umständen sehr hilfreich. In allen anderen Situationen ist deine primäre Aufgabe, eher NEBEN deinem Kind zu stehen, oder vielleicht sogar dahinter. So kannst du es altersgemäß selbst versuchen zu lassen, die Situation zu lösen. Und durch die Nähe, die du so zum Kind hältst, kannst du dann immer noch schnell hilfreiche Impulse geben oder sogar ins „Beschützen“ übergehen und eingreifen.
Beim Radfahren z.B. nimmst du dein Kind zunächst auf den Rücksitz, um es im Verkehr zu beschützen. Wenn es selbst fährt, schiebst du es zuerst und hältst es fest. Aber irgendwann lässt du los und rennst nebenher, unterstützt nur noch. Dann darf es dir irgendwann hinterherfahren, deinem Vorbild folgen. Und später lässt du es vorfahren, bleibst ihm aber immer dicht auf den Fersen, um im Notfall unterstützend eingreifen zu können. So lernt es, selbst zu entscheiden. Und wenn du weißt, es kann den Verkehr einschätzen, lässt du es alleine fahren. Je nachdem, wo in seiner Entwicklung dein Kind gerade steht, beschützt oder unterstützt du.
Hilfe zur Selbsthilfe
Schritt 3: Schule den eigenen „Radar“ deines Kindes, damit es lernt, Probleme frühzeitig zu erkennen und selbst zu lösen. Alle Kinder kommen früher oder später in Situationen, in denen wir Eltern nicht mehr anwesend sind, um sie zu „beschützen“. Um für diese Situationen gut gerüstet zu sein, braucht dein Kind sozusagen einen „eigenen Radar“, der ihm an Stelle deiner elterlichen Fürsorge Hinweise darauf gibt, wann es gefährlich werden könnte.
Der beste Radar, den Kinder dafür zur Verfügung haben, sind ihre eigenen Gefühle. Dadurch, dass wir Eltern unseren Kindern früh helfen, ihre eigenen Gefühlen als Orientierung zu nutzen, können wir sie maßgeblich dabei unterstützen, knifflige Situationen ihres Alltags frühzeitig als herausfordernd wahrzunehmen. Wenn wir in ihrer Nähe sind und uns feinfühlig in ihre Wahrnehmung einfühlen, können wir ihnen helfen, diesen „Radar“ gut zu schulen.
Dann können wir sie mit ihren unangenehmen Gefühlen annehmen und ihnen beibringen, dass diese ein Hinweis darauf sind, dass sie jetzt gut auf sich aufpassen müssen. Und dass sie in sich hineinhören können, um zu erforschen, was sie gerade bräuchten, um die Situation für sich zu verbessern. Erst wenn sie gelernt haben, das zu erkennen, werden sie in der Lage sein, selbst Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und die erfolgversprechendste davon auszuwählen, um Herausforderungen zu meistern.
Helikopter-Eltern müssen loslassen lernen
Besonders der dritte Schritt – „Radar schulen“ - fällt uns oft nicht so leicht. Vor allem, weil wir das selbst meist nicht gut gelernt haben. Daher kann es helfen, dieses Vorgehen zunächst für dich selbst anzuwenden – genau für die Herausforderung, die wir hier gerade besprechen: Das Beste für dein Kind zu tun!
Fragen, die du dir stellen kannst, bevor der Helikopter abhebt
Was ist das schlimmste, was passieren kann? Keine Gefahr für Unversehrtheit deines Kindes? Dann ist kein Beschützen nötig.
Ist dein Kind gerade stark und bereit, die Situation selbst zu lösen? Ja? Dann lass es, beobachte und bleib in der Nähe, um auf Bitten deines Kindes zu unterstützen.
Funktioniert die von deinem Kind gewählte Strategie? Super - Dein Kind hat etwas fürs Leben gelernt, Selbstvertrauen gesammelt und wird gestärkt daraus hervorgehen.
Funktioniert sie nicht? Dann hilf ihm selbst nach Alternativen zu suchen, es noch einmal zu probieren und übernimm nur im allerletzten Schritt die Führung. Und wenn du das tust, erkläre ihm, dass es einfach noch etwas Übung braucht und es beim nächsten Mal schon besser klappen wird.
Kleine Schritte… Gibt deinem Kind dabei die Chance, jedes Mal selbst ein kleines bisschen näher an die Lösung heranzukommen. Frag es, welches Stück es selbst schaffen kann.
Was Helikopter-Eltern üben sollten
1) Gefühl wahrnehmen: Welches Gefühl hast du, wenn du anfängst zu „helikoptern“? Angst vor Gefahr, die dem Kind droht, Unsicherheit welche Erziehung am besten ist, Angst vor Fehlern, die dich als Mutter/Vater in Frage stellen, Angst vor Versagen als Mutter/Vater, Angst vor Misserfolg und Scheitern des Kindes… Was genau ist es bei dir? Beispiel: Du bist selbst nicht so sicher im Umgang mit fremden Menschen und hast Angst, dass dein Kind in der Schule gemobbt wird.
2.) Ursachen klären: Was verursacht dieses Gefühl gerade? Welches Ziel, drohst du gerade nicht zu erreichen? Welchem deiner Wünsche läuft das Leben gerade zuwider? Beispiel: Du willst, dass dein Kind stark ist, dass es ihm in der Schule gut geht und es viele Freunde findet.
3.) Handlungsalternativen überlegen und hilfreichste auswählen: Was kannst du tun, um den bestmöglichen Fortschritt für dieses Ziel zu erreichen? Hier habe ich direkt zwei Beispiele für dich:
Du begleitest dein Kind auf Schritt und Tritt und passt auf, spannst die Lehrer*innen mit ein, damit sie ein Augenmerk auf dein Kind haben und weist andere Kinder in die Schranken, die sich deinem Kind gegenüber unangemessen verhalten.
Du stärkst dein Kind zu Hause, nimmst seine Gefühle wahr und sprichst mit ihm darüber. Falls es auch Angst vor „Mobbing“ hat, erforscht ihr, was es sich eigentlich wünscht und du gibst deinem Kind Strategien mit, wie es in problematischen Situationen reagieren kann. So wird es selbst handlungsfähig und bleibt kein keine "Opfer". Du sorgst dafür, dass dein Kind zu Hause einen sicheren Hafen hat, wo es immer alle Sorgen mit Dir teilen und Energie tanken kann, um innerlich gestärkt wieder in die Welt hinauszutreten.
Nach dem Lesen der Beispiele überlege einmal: Welche Alternative hilft dir mehr, dein Ziel zu erreichen, dass dein Kind stark ist? Und welche Reaktionen des Umfelds deinem Kind gegenüber wird dein Verhalten jeweils erzeugen? Was lernt es aus deinem Verhalten? Welches Selbstverständnis vermittelst du deinem Kind jeweils?
Natürlich bleibt es DEINE Beurteilung! Wichtig ist, dass du nah an deinem Kind bist, auch im Blick hast, was dein Kind gerade braucht, und dass dein Kind Schritt für Schritt lernen kann, selbst seine Herausforderungen zu meistern.
Wenn du dir Sorgen machst, wie dein Verhalten auf deine Kinder wirkt, dann kannst du dich jederzeit an REDEZEIT FÜR FAMILIEN wenden. Hier stehen dir Coaches für ein kostenloses Gespräch zur Verfügung.
Über die Autorin:
Astrid Meinberg unterstützt als Coach Mütter dabei, ihren eigenen Weg zu finden. Der soll losgelöst von gesellschaftlichen Trends oder scheinbaren beruflichen Zwängen gefunden werden. Außerdem bietet Astrid bei REDEZEIT allen Familien kostenlose Unterstützung an, die Sorgen rund um das Thema Familie besprechen möchten.