Streit bei Kindern - So begleitest du Konflikte richtig
Wenn Menschen aufeinander treffen, kommt es zu Konflikten. Jeder hat andere Grenzen, Bedürfnisse, Gefühle und Meinungen, da kann es schnell mal auf ein Aufeinanderprallen kommen. Besonders Kinder haben noch keine geeignete Strategien, wie sie mit ihren starken Gefühlen und Konflikten umgehen können. Dieser Artikel bietet dir Klärungen zu Konflikten und wie du deine Kinder gut begleitest, um Lösungen friedvoll zu finden.
Konflikte bei Kindern - darum streiten Kinder
Um bei Streit zwischen Kindern bestmöglich eingreifen zu können, musst du erstmal wissen, warum dein Kind sich streitet. Während Schulkinder in der Regel bereits erklären können, warum es zu dem Konflikt kam, haben jüngere Kinder mehr Schwierigkeiten damit. Kinder unter sechs Jahren haben kaum eine Impulskontrolle und sie fühlen ein Gefühl nach dem anderen. Das bedeutet, dass sie bei einem starken Gefühl vollkommen von diesem eingenommen sind. Sie sind noch nicht in der Lage, einen inneren Dialog - ein “einerseits und andererseits” zu denken.
Die häufigsten Ursachen für Streit bei Kindern sind:
Das ist meins: Besonders kleine Kinder müssen erst noch lernen, was “meins” und “deins” ist. Aufgrund ihrer kindlichen Unreife identifizieren sie sich voll und ganz mit ihren Sachen. Ein Teilen bedeutet für junge Kinder, als würde ein Teil von ihnen hergegeben werden. Demnach fällt es Kleinkindern enorm schwer zu teilen.
Revierkämpfe: Ähnlich wie bei Spielzeug verhält es sich auch mit dem “Revier”, also der Umgebung des Kindes. Niemand darf einfach rein, die Grenzen anderer Kinder werden allerdings nicht ernst genommen, weil ihnen die notwendige Empathiefähigkeit noch fehlt.
Aufgestauter Ärger: Manchmal muss die schlechte Laune einfach raus, Kinder haben noch nicht gelernt, wie man das richtig macht. Streit ist dadurch vorprogrammiert.
Sich groß fühlen: Besonders bei Geschwistern kommt es vor, dass das größere Kind sich durch den Streit mit dem Kleinen “aufbauen” möchte, um sich größer oder stärker zu fühlen.
Aufmerksamkeit: Eins steht fest. Wenn man sich streitet, hat man Aufmerksamkeit. Manchmal versuchen Kinder also, durch angezettelte Konflikte Beachtung zu bekommen. Aber auch Langeweile kann ein Grund sein. Wenn man sich streitet, ist zumindest “was los”.
Grenzen von Mitmenschen ausloten: Konflikte entstehen häufig, wenn Kinder die Grenzen des Gegenübers spüren wollen. Auch die Position innerhalb einer Gruppe und das Einbringen eigener Ideen können Anlässe für Konflikte sein.
So reagierst du richtig, wenn sich dein Kind streitet
Wenn dein Kind dich aktiv in eine Streitsituation mit einbezieht, ist erst einmal Vorsicht geboten. Dein Kind könnte sich darauf verlassen, dass du den Streit “gewinnst”, also das andere Kind in die Schranken weist. Du solltest niemals bei einem Konflikt einen “Schuldigen” ausfindig machen. Konzentriere dich darauf, den Kindern bei einer Lösung zu helfen.
Merkst du am Tonfall deiner Kinder oder am heftigen Hin und Her diskutieren, dass die Situation gleich kippen wird und einer davon entweder den anderen gleich schlagen oder eines gleich zum Heulen beginnen wird, schreite sofort ein. Ruf gleich mal: „Hey hallo ihr beiden, braucht ihr meine Hilfe?“ Somit geht kurz mal der Fokus auf dich und weg vom Konflikt. Die Kinder bekommen einen kleinen Abstand und die Situation wird wahrscheinlich nicht so heftig ausfallen.
Zunächst sollten sich die Gemüter etwas abkühlen. Versuche mit den Kindern zu besprechen, wie es zu dem Streit kommen konnte, wie sich die beiden gefühlt haben und was sie vom anderen doof fanden. Höre zu, was die Kinder dir sagen und fasse das Gesagte in deinen Worten zusammen. Versuche die dahinterliegenden Bedürfnisse herauszufinden. Schaffe Verständnis für die jeweils andere Seite. Dabei lernen die Kinder auch, dass Kommunikation und Zuhören bei der Lösung eines Konflikts ganz wichtig sind.
Behalte immer vor Augen, dass du nur unterstützt. Du bist weder Richter, noch Anwalt oder Beschützer. Ergreife auf keinen Fall Partei und greife auch nicht zu vorschnellen Bestrafungen. Du solltest eher agieren als ein Mentor bzw. ein Brückenbauer. Du hilfst den Kindern wieder eine Verbindung zueinander zu finden.
Wenn die Kinder schon älter sind und das Problem selbst lösen wollen und können, solltest du dich ganz heraushalten und nur der stille Beobachter sein.
Ignoriere Konflikte bei Kindern nicht
Kinder streiten eben. Diesen Satz hast du bestimmt schon oft gehört oder vielleicht auch schon selber gesagt. Ja, Kinder streiten. Ignorieren oder einfach abtun solltest du das aber nicht. Kinder können ihre Probleme und Gefühle noch nicht so gut ausdrücken wie Erwachsene. Ein Streit kann dein Kind überfordern. Indem du deinem Kind zeigst, wie man richtig streitet, bringst du ihm bei, wie man Konflikte gut löst. Ganz ohne Geschrei und Eskalation.
Wann geht ein Streit zu weit?
Falls ein Streit eskaliert, musst du natürlich anders handeln. Wird ein Kind gewalttätig, musst du natürlich sofort zwischen den Kindern gehen. Am besten nicht nur verbal, sondern, dass du mit deinem ganzen Körper eine Trennung der Kinder schaffst.
Ähnlich ist es bei Mobbing. Hier geht es nicht mehr um normale Streitereien, sondern um ein wirklich ernstes und gefährliches Thema. In diesem Fall solltest du für dich und dein Kind Hilfe in Anspruch nehmen, um eine langfristige Lösung zu finden.
Bei normalen Streitigkeiten gibt es dafür keinen Grund. Hier helfen ein paar einfache Tipps.
10 Tipps wie du dich bei Konflikten zwischen Kinder verhalten solltest
Streit ernst nehmen und ansprechen
Jedem Kind zuhören und die Möglichkeit geben, die eigene Perspektive zu erzählen
Keine Partei ergreifen
Zuhören und beschreiben, was passiert ist
Trage die Haltung in dir: Jedes Kind macht gerade das Beste für sich selbst. Es agiert nicht aus bösem Willen gegenüber den anderen Kindern, sondern will sich mit seinem Verhalten ein für sich wichtiges Bedürfnis erfüllen. Diese Bedürfnisse gilt es herauszufinden
Respektiere unterschiedliche Wahrheiten: Eine „Wer-hat-Recht“-Diskussion bringt euch in keiner Hinsicht weiter. Jeder lebt sein Leben aus seiner eigenen Perspektive und bildet daraus seine eigene Geschichte. Deshalb gib den Kindern die Sicherheit, dass ihr Erleben für sie so richtig war. Auch wenn der andere es anders erlebt hat
Bei Bedarf bei der Lösungsfindung unterstützen. Zwinge jedoch nicht deine Lösung den Kindern auf. Manchmal klingt eine Lösung für uns Erwachsene eher unfair. Sofern die Lösung für beide Kinder passt, lass sie ihre Lösungen umsetzen. Wenn es die Kinder alleine schaffen, hältst du dich raus
Je jünger die Kinder sind, desto mehr brauchen sie auch deine Unterstützung bei der Umsetzung der vereinbarten Lösung
Vorbildwirkung: Achte darauf, dass du dich so streitest, dass dein Kind davon lernen kann
Ermutige die Kinder dazu, miteinander zu reden und sich über ihre Bedürfnisse auszutauschen. Sie werden noch kein „Erwachsenengespräch“ führen über ihre Meinungsverschiedenheit. Doch können wir sie dahin begleiten, ihre Erwartungen und Bedürfnisse zu formulieren, auch in einfachen Sätzen. Das schafft auch schon bei Kindern Klarheit.
Konflikte bei Kindern: So geht's
Du wirst es nicht schaffen, dein Kind von Streitereien fernzuhalten. Konflikte gehören zum Leben dazu. Begleite die Kinder beim Streiten, damit sie zukünftig konstruktiv damit umgehen und vor allem Lösungen finden können.
Mit Kindern ab ca. 5 Jahren ist es sehr hilfreich, über die vergangene Konflikte mit einem kleinen Zeitabstand zu sprechen. Bitte aber nicht in der Hitze des Gefechtes, sondern vielleicht beim Spielen oder beim Zubettgehen. Gib deinem Kind nochmals Gelegenheit, über den Konflikt zu sprechen, ohne es zu verurteilen. Erinnere dein Kind an Werte der Wertschätzung und Freundlichkeit, ohne es schlecht zu machen. Zeige auch Verständnis, dass es bei diesem Konflikt vielleicht noch nicht so gut geklappt hat, ihr gemeinsam aber lernt, wie Konflikte friedlich und wertschätzend gelöst werden können. Nochmals miteinander zu reden, ist sehr heilsam, belastet dein Kind nicht und fördert die soziale Kompetenz und Konfliktfähigkeit. (#redenhilft)
Über die Autorin
Birgit Gattringer ist familylab-Trainerin nach Jesper Juul, Dipl. Mentaltrainerin und Dipl. Kinder- und Jugendmentaltrainerin. Sie ist selbst Mama von 2 Jungs und gibt ihr Wissen auf der Plattform www.starkekids.com weiter.
Ihr Herzensthema ist es, ein harmonisches Familienumfeld für Kinder zu schaffen, in dem die Kinder selbstbewusst und stark fürs Leben heranwachsen können.